Magnolienblüte statt Alu im All?
Auf dem Weg von Jacksonville (N.C.) nach Jacksonville (Fla.) über die Panoramastrecke an der Atlantikküste liegt Charleston (S.C.); das Städtchen ist der pittoreske Beweis, dass auch im modernen Amerika nicht alle Errungenschaften der Vergangenheit vom Winde verweht sind. Eine davon sind die 66 (amerikanische) Hektar messende „Magnolia Gardens“ einer 464 Hektar großen ehemaligen Südstaatenplantage im Westen Charleston´s, angelegt im Jahre 1840. Das liebevoll wie aufwendig gepflegte Areal heißt jedes Jahr tausende Besucher willkommen, die sich vor allem von der Blütenpracht faszinieren lassen. Doch bald schon könnte eine ganz besondere Besucherspezies auf den Plan treten, welche nur noch Augen für die Stämmchen hat, die diese Blüten tragen: Spacetech-Spezialisten auf der Suche nach dem Stoff, aus dem die Satelliten der Zukunft sind. SciFi? Nicht wirklich.
Der Sat aus Holz
Nach einigen nicht gerade raumfahrtuntypischen Verzögerungen der letzten Jahre steuert das „LignoStella Spacewood Project“ japanischer Forscher der Universität Kyoto auf seinen vorläufigen Höhepunkt zu: den Start eines aus Magnolienholz gebauten Satelliten. Sein Basismaterial hatte zuvor schon 290 Tage Schwerelosigkeit auf der ISS klaglos überstanden.
Die Überlegung: Holz kann im All nicht brennen, es wird nicht deformiert noch von Kleinstlebewesen angenagt oder aufgefressen. Außerdem bietet es elektromagnetischer Strahlung so reichlich Durchlässigkeit, dass Satelliten aus Holz die gesamte Elektronik plus Antennen im Inneren unterbringen können, und nach dem Deorbit rückstandslos verbrennen.
Genau letzteres gelingt dem Material der Wahl von heute nicht – und das ist auch der Hauptgrund des ganzen Projektes: die Vermeidung von Aluminium-Resten in der oberen Atmosphäre. Bei der Verbrennung im Wiedereintrittsprozess entsteht Aluminiumoxid, das für zwei Effekte verantwortlich gemacht wird: für die temporäre, also nicht dauerhafte Verursachung von „Löchern“ in der Ozonschicht und für die menschgemachte Verstärkung des Albedo-Effektes in der oberen Atmosphäre. Letzteres birgt dabei die Herausforderung. Denn die Rückstrahlungsfähigkeit durch Weltraumkörper wie die Erde, die nicht über eigenes „Leuchtfeuer“ verfügen, hatte man schon früher als Möglichkeit in die Diskussion gebracht, Effekte emittierter Gase wie Kohlendioxid zu begrenzen. Allerdings fand sich niemand, diese Büchse der Pandora zu öffnen. Heutzutage, mit etwa 10 Prozent Alupulver Anteil in den Aerosolen der oberen Atmosphäre bei einer erwarteten Quote von bis zu 50 Prozent, wenn die erste Garnitur aller geplanten Satelliten der großen Konstellationen einmal durch ist, läuft diese Version der Rettung der Erde schon von selbst an.
Die Mission der Magnolienholzschachtel soll im Sommer dieses Jahres starten. Mindestens sechs Monate lang soll ihr Verhalten im All beobachtet und damit klarer werden, ob man auf dem Holzweg war oder künftig auf ihm wandeln sollte.
Quellen:
https://edition.cnn.com/2023/11/07/asia/japan-wooden-satellite-scn-spc/index.html