Klartext Raumfahrt

Nihil fit sine causa

Zwei Männer auf Augenhöhe

ULA/Vulcan

Seit nunmehr einem Jahr steht die United Launch Alliance ULA, das mächtige Joint Venture von Boeing und Lockheed Martin, zum Verkauf. Von den ursprünglich drei Kaufinteressenten ist nach Ausstieg des Investors Cerberus und des Luftfahrt- und Verteidigungsunternehmens Textron „nur“ noch Jeff Bezos übriggeblieben. Medien wie CNBC erwarten einen Vertragsabschluss in wenigen Wochen. In der langen Angebotszeit und beim Rückzug aller möglichen Bieter bis auf einen hat auch der Preis gelitten. Statt von vier ist jetzt noch die Rede von zwei Milliarden Dollar. Dazu passt, dass Bezos gerade für zwei Milliarden Dollar Amazon-Anteile verkauft haben soll.

Für Bezos ist die Übernahme von ULA ein logischer Schritt, um zum ersten die Geschäftsbeziehungen von Blue Origin und ULA, bisher schon durch die Lieferung des BE-4-Raketenmotors an ULA für Vulcan gekennzeichnet, zu intensivieren, zum zweiten die Basis der Startdienstleistungen für seine Kuiper-Konstellation zu festigen, und zum dritten schließlich einfach mit Elon Musk gleichzuziehen: zwei Männer auf Augenhöhe. Und da ULA obendrein ein dank des amerikanischen Verteidigungsministeriums profitables Unternehmen ist, entsteht Jeff Bezos mit diesem Deal anstelle von Kosten im Prinzip nur Gewinn an allen Fronten des neu formierten Geschäfts.

Warum steht diese Meldung aber in KTR? Die Konzentration von derart enormer Macht über den weitaus größten Weltmarktanteil auf dem Sektor der Startdienstleistungen in den Händen von nur noch zwei einzelnen Männern, die für ihre Fähigkeit zu schnellen einsamen Entscheidungen bekannt sind, wird nicht ohne Auswirkungen auf die verbleibenden kleineren Anbieter wie Arianespace bleiben: geschäftlich, technisch, politisch. Werden die Kleinen zum Spielball? Wie schlagen sich korporative Entscheidungsadministrationen unter vielschichtigen Hierarchien von Angestellten im direkten Vergleich mit eigenverantwortlich handelnden Erfolgs-Unternehmern von Weltrang? Kauft Bezos am Ende noch den einen oder anderen europäischen Träger? Das wäre zumindest mal so logisch wie das Gegenteil unlogisch. Oder kommt ihm Musk zuvor, der ja schon in Brandenburg einen Brückenkopf für Tesla hält?

Der Abschluss des Kaufvertrages wird der Startschuss sein, diese Entwicklung aus der Nähe genau zu beobachten.

Quelle: https://www.cnbc.com/2024/02/08/investing-in-space-how-bankers-read-a-potential-ula-sale.html