Wie erst jetzt herauskam und von La Tribune berichtet wurde, haben die beiden SpaceRise-Abtrünnigen im großindustriellen IRIS2-Projekt der EU, Airbus und Thales, bereits im August jeweils getrennte Angebote an die verbliebenen Konsortial-Konzerne abgegeben, mit denen sie sich als Zulieferer zum Programm empfehlen wollen. Kopien davon gingen an die EU-Kommission.
La Tribune zufolge stellte Antoine Bouvier, Sonderberater des Airbus-Präsidenten Guillaume Faury, kürzlich auf dem von La Tribune organisierten Toulouse Space Forum mit offenbar großem Optimismus in Sachen IRIS2 fest, es müsse schon „mit dem Teufel zugehen, wenn die Betreiber und Brüssel sich nicht einigen würden“.
Im Detail führt La Tribune zu den getrennten Angeboten aus, Thales habe ein verbindliches, aber konditioniertes Angebot auf der Grundlage der vorläufigen Entwurfsprüfung (PDR) und des endgültigen detaillierten Entwurfs (CDR) unterbreitet. Dies sei bei Airbus nicht der Fall. Außerdem decke jedes dieser Angebote nicht das gesamte technische und industrielle Spektrum des IRIS2-Programms ab. Airbus (Plattform) und Thales (Nutzlast) hätten sich also offensichtlich auf ihre Stärken besonnen. Allerdings sollen die beiden Hersteller die Details des Angebots des anderen nicht gesehen haben, mit denen sie jeweils in ihre angestammte Rolle als Zulieferer für die Betreiber zurückkehrten.
Da dieser Sachstand kurze Zeit nach der Toulouser Veranstaltung von den Ereignissen um den sofortigen Rücktritt Bretons überholt wurde, stellt sich allerdings die Frage, ob diese Angebote überhaupt noch irgendeine Relevanz für das Projekt haben können. Denn wie auch festgestellt wurde, war schon vor dem Abgang Bretons lange nicht klar, ob die Europäische Kommission die für das Projekt angegebenen mehr als 12 Milliarden Euro – oder vielleicht eben doch noch mehr – finanzieren kann, oder ob Kompromisse möglich sind. Zu diesen Kompromissen könnte die Nutzung der in Europa vorhandenen Anlagen gehören, darunter die geostationären Anlagen von SES, Eutelsat und Hispasat sowie die O3b-mPOWER-Flotte von SES in der mittleren Erdumlaufbahn und die OneWeb-Konstellation von Eutelsat. Eutelsat beispielsweise plant bereits seine OneWeb-Satelliten der nächsten Generation, die für den EU-Auftrag ausgelegt sein könnten.
Damit bleibt es bei dem vorläufigen Schlussstrich unter der Angelegenheit Iris2, bis neue Zuständigkeiten in der Kommission hergestellt sind und entsprechendes Handeln auf die Schiene gesetzt wird. Neue Besen kehren bekanntlich gut.
Vielleicht ist das dann nicht nur eine Chance für das Projekt, sondern auch für KMU und Startups aus ganz Europa.
Quellen u.a.:
https://news.satnews.com/2024/09/17/forresters-digest-confusion-over-iris2-bids/