Auf Antrag der Geschäftsführung von UNIO Enterprise GmbH verfügte das Amtsgericht München unter dem Aktenzeichen 1501 IN 11338/24 am 16. Oktober 2024:
„In dem Verfahren über den Antrag d. UNIO Enterprise GmbH, Rosental 5, 80331 München ….auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das eigene Vermögen (ergeht folgender) Beschluss: Zur Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiligen Veränderungen (§ 21 Abs. 1 und 2 InsO) wird am 16.10.2024 um 09:45 Uhr vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet, § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 InsO. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wird bestellt: Rechtsanwalt Dr. Alexander Zarzitzky, Prinzregentenstraße 78, 81675 München. … Verfügungen der Schuldnerin (sind) nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam … Unter diese Anordnung fällt auch die Einziehung von Außenständen.“
Das mit 150 Mitarbeitern an 14 Standorten im Bereich Insolvenz und Sanierung höchst erfolgreiche und renommierte Hybridunternehmen aus Anwaltskanzlei und Unternehmensberatung ANCHOR verlor direkt im Anschluss auch keine Zeit und begann nahtlos am 17. Oktober 2024 mit der Suche nach Investoren.
In erster Verlautbarung beschwört der Insolvenzverwalter den großen Traum der kleinen UNIO GmbH: gegründet im Herbst 2022 als Joint Venture der jeweils gleichermaßen am Startkapital beteiligten Unternehmen Reflex Aerospace, Mynaric, Isar Aerospace und SES habe UNIO seitdem eine eigene Technologie zur lückenlosen Versorgung mit HighSpeed-Internet über eine Kombination aus 5G und Sat-Netzen entwickelt. Auf diese Weise seien jetzt erst unterbrechungsfreie Anwendungen wie beispielsweise Autonomes Fahren erst in der Fläche möglich. Ein Jahr nach der Gründung erreichte UNIO ein Pre-Seed-Volumen von 2,5 Millionen Euro, unter anderem durch Investitionsbeteiligung von OHB.
Doch dies erwies sich bald für UNIO als zu viel zum Sterben und zu wenig zum Leben, obwohl das Unternehmen sich im März 2024 mit dem Versuch der Marktplazierung seines Produktes „UNIO Move“ noch einmal aufbäumte. Zielkunden der Technologie: Automobilhersteller und auch Hersteller von landwirtschaftlichen Fahrzeugen. Doch die Erschließung eines Geschäftsfeldes dieser Größenordnung mit dem Anspruch, mit dieser Technologie fast alle Branchen verändern und zu einem unverzichtbaren Rückgrat für eine starke wirtschaftliche und politische Souveränität ausbauen zu wollen, erforderte am Ende weit mehr an Finanzmitteln und Partnerschaften, als UNIO erreichen konnte. Der Insolvenzantrag wurde unvermeidlich.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob und um wieviel eher dieser Antrag hätte gestellt werden müssen, wäre UNIO auf seiner ursprünglichen Schiene geblieben. Denn eigentlich wurde das Unternehmen von Mynaric, Isar und Reflex aus der Taufe gehoben, um sich als zentraler NewSpace-Anbieter im Rennen um IRIS2 zu positionieren. Vom Gedanken her faszinierend: der Sat-Hersteller, der Spezialist fürLaserKom und der neue Startdienstleister im Paket. Das war zu einer Zeit, als Breton, der „Kommissar der Konzerne“, noch erfolgreich die Mär verbreitete, er wolle tatsächlich KMU und Startups an dem Projekt beteiligen – was bekanntermaßen parallel mit einer Vielzahl massiver juristischer Barrieren ausgeschlossen wurde.
Im Sommer 2022 gesellte sich SES zum UNIO-Team, blieb aber auch Mitglied des Monopolkonsortiums der Konzerne für IRIS2. Parallel wurde immer deutlicher, dass bei Brüssels „größtem Projekt der Geschichte Europas“ (O-Ton Breton) KMU und Startups nichts verloren hätten, und die Widerworte von Habeck und Christmann strafte Breton sogleich mit der Verweigerung eines auch nur symbolischen Erfolgserlebnisses für die beiden Deutschen: nicht einmal ein IRIS2 – Kontrollzentrum würde Deutschland zugeteilt. Die Ausrichtung des Projektes UNIO Enterprise änderte sich währenddessen zur letztlich heute insolventen Variante.
Aus dieser Perspektive und im Nachhinein betrachtet könnte man es auf die Formel bringen: UNIO starb in Raten – und das wohl schon seit Geburt.
Quelle u.a.: https://www.anchor.eu/anchor/aktuelles/space-tech-startup-unio-aus-muenchen-sucht-einen-investor/