Klartext Raumfahrt

Nihil fit sine causa

Abschaffung des Georeturn-Prinzips bei der ESA:

© ESA

Franzosen begeistert – Deutsche entgeistert

Mario Draghi, bekannt für seine Vorliebe für den Gebrauch rhetorischer Bazookas im politischen Gefecht („whatever it takes“), hatte in seinem Bericht zu seiner Ansicht nach bestehenden Verbesserungspotentialen der Wettbewerbsfähigkeit der EU beim Thema Raumfahrt und ESA die Abschaffung des sogenannten „Georeturn“-Prinzips empfohlen. Im Rahmen einer neuen industriellen Strategie für Europa, so Draghi, mindere der Georeturn die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Raumfahrtindustrie mit unnötiger Kapazitätsduplizierung und einer Fehlanpassung zwischen den wettbewerbsfähigsten industriellen Akteuren und der Ressourcenzuteilung.

Ins dargebotene Horn blies sogleich der Leiter des CNES, Philippe Baptiste, und bezeichnete Georeturn als „Gift“, das nur unnötige Kosten verursacht. Das französische Kalkül: besonders die hohen Kosten bei der Trägerentwicklung, aufgrund des Georeturns immer mehrheitlich von Frankreich getragen, ließen sich sowohl innerhalb der ESA als auch durch eine Verlagerung des Mammut-Projektes von der ESA in die EU deutlich verringern, ohne dass Frankreichs Industrie nun plötzlich unter Mangelalimentierung zu leiden hätte.

Die Italiener wiederum äußern sich in Gestalt des italienischen Raumfahrtspezialist Teodoro Valente dahingehend, dass man über Auswirkungen der Abschaffung auf die italienische Industrie nicht besorgt sei, betonen jedoch die Bedeutung des Prinzips für Länder, die ihre Raumfahrtindustrien ausbauen wollen.

Der Chef der Deutschen Raumfahrtagentur, Dr. Walther Pelzer, warnte hingegen, die Abschaffung des Prinzips würde die Investitionen in Europas Raumfahrtindustrie erheblich verringern, die ESA schwächen und die Zusammenarbeit gefährden sowie Kräfte unterstützen, die versuchen, die Zusammenarbeit zu zersetzen und Europa zu schwächen. Die ESA selbst ist entschlossen, das Prinzip des Georeturns durch die Idee eines Fair Return zumindest mal in Teilbereichen wie eben der Trägerentwicklung zu ersetzen – eine Art Pilotprojekt sozusagen. Dann würden Primes das Recht erhalten, sich jenseits aller anderen Restriktionen die ihrer Meinung nach besten Kooperationspartner zusammensuchen, und deren Regierungen zeichnen dann das entsprechende Auftragswertpaket.

Bei der Ministerratskonferenz im November 2025 wird endgültig in der Sache entschieden – das jedenfalls ist der Plan.

 

Quellen u.a.:

https://eulerpool.com/news/unternehmen/deutsche-raumfahrtagentur-warnt-vor-abschaffung-de

https://advanced-television.com/2024/12/04/esa-introduces-fair-return-structure/

https://vision.esa.int/the-competitiveness-of-esas-geo-return-policy/