Bundeswehr macht Nägel mit Köpfen: Eigene Sat-Konstellation „made in Germany“ – good bye, IRIS Zwei

©EUSPA, ©EU Agency for the Space Programme

Kommentar – Einordnung – Bericht

Dem Handelsblatt bestätigte mittlerweile das Verteidigungsministerium, dass die Bundeswehr den Aufbau einer oder auch mehrerer Satellitenkonstellationen ins Auge gefasst hat. Einsatzzwecke sind dabei Kommunikation und Aufklärung. Die Konstellation soll bis 2029 operativ werden. In Diskussion ist eine Größenordnung von 100 Einheiten im All. Das Projekt soll Deutschland von Technik aus dem Ausland unabhängig machen, und zwar von Starlink ebenso wie von IRIS2. Wobei nebenher auf diese Weise der EU der passende Stempel „Ausland“ zuteil wird – wenn auch eines solchen ohne physische Heimat.

Starlink ist zwar als System ausgereift, omnipräsent und robust, aber dank Killswitches in Seattle und Austin eben kein unumschränkt für nicht-amerikanische Streitkräfte nutzbares Instrument. Und das gilt nicht nur für Starlink, sondern auch für das Konstellationsprojekt IRIS². Dies hätte zwar den Vorteil, dass es mit einer Fertigstellung von derzeit frühestens für 2031 prognostiziert wohl zum Glück spät genug bereitsteht, um nicht mehr in den derzeit aktuellen Konfliktsituationen der Welt von irgendjemandem kaputt gemacht zu werden. Aber unabhängig von seiner Fertigstellung stünde das System im Eigentum und unter Management der Brüsseler Europaleitung, und der deutschen Bundeswehr – wie übrigens auch dem Militär anderer dieses System für die EU-Kommission finanzierender EU-Staaten – nur eingeschränkt zur Verfügung. Und dann einmal ganz zuende gedacht: Oberste Co-Befehlshaberin der Euro-Truppen würde über die Lenkung deren Kommunikation – rein praktisch, nicht rechtlich gesehen – die u.a. durch Einführung von Kitas für die Bundeswehr für den V-Fall gestählte Europachefin.

Der eigene Weg in die kommunikative Unabhängigkeit soll nach derzeitigen Annahmen je nach Gestaltung der betreffenden Konstellation zwischen einer und zehn Milliarden Euro kosten – Geld, das durch die neue Regelung für die Aufnahme von Schulden ad libitum ohne weiteres zur Verfügung steht.

Zum eigenen Weg gehört dabei auch die exklusive Nutzung heimischer Industrie-Ressourcen, zu denen auch kleine und mittelständische Unternehmen zählen. Anders als bei IRIS2, wo schon Kommissar Breton und seine Alliierten in Parlament und „Regierung“ der EU per Gesetz für den effektiven Ausschluss deutscher und anderer europäischer KMU sorgten.  Und sie schafften es parallel über Jahre hinweg, die Erkenntnisfähigkeit der deutschen Politik im dichten Rauch rhetorischer Nebelkerzen auf vernachlässigenswerte Größenordnungen zu reduzieren. Anders also als dort soll es hier um die Sache gehen, und eben nicht um die Finanzierung/ Subventionierung großindustrieller (französischer) Projektstrukturen à la OneWeb.

Zur Erinnerung: IRIS2 ist im Prinzip die aufgebohrte Version sowieso bestehender Teile der Konstellationen der beteiligten Großindustrie, die nach Rückzug von Thales und Airbus wegen unabsehbarer technischer und finanzieller Risiken sozusagen das „SpaceRestRise“-Konsortium darstellt. Der besondere Kniff der Sache: es werden aus ohnehin kommerziell vermarkteten und damit schon einmal finanzierten Konstellationskapazitäten, die ihr Geld eben schon verdient haben, „Eigenanteile“ im Wert von über vier Milliarden Euro durch die Großindustrie eingebracht. Damit bleibt die Finanzierung des Rests durch den Steuerzahler auf polit-kosmetisch wirksame rund sechs Milliarden Euro begrenzt – natürlich ohne jetzt schon zu sagen, dass nach dem ersten Installationsakt die Folgekosten für Replace- und Refreshments erst richtig auf Betriebstemperatur kommen.

Einen vermutlich größeren Part soll dabei Eutelsat mit OneWeb beitragen – soll und will, aber am Können hapert es möglicherweise, weil OneWeb sich kommerziell nicht so verkauft wie gedacht. Das liegt unter anderem daran, dass eine friedliche Koexistenz von Politik und Mathematik nicht funktionieren will und OneWeb gegen Starlink auf dem kommerziellen Markt asymptotisch gegen Null Chancen hat. Für diese Erkenntnis hat Eutelsat immerhin vom Kauf 2022 bis zum Eingeständnis deutlich unter drei Jahren gebraucht.

Mangels begeisterter Investoren prüft also nun der französische Staat, hier finanziell in die Bresche zu springen. Wenn das so klappt, darf Frankreich – zusammen mit den anderen Partnern – demnächst die Rechnungen für Leistungen bezahlen, die nur deshalb zustandekommen, weil das Land dafür bezahlt hat, dass sie überhaupt gestellt werden können. An dieser Stelle bleibt die sorgenvolle Frage hauptberuflicher Kabarettisten unbeantwortet, wofür man angesichts solcher Realität überhaupt noch Satire braucht.

Anders sieht es bei der Einbindung von europäischen KMU in IRIS2 aus. Für sie soll angeblich der Konstellationsteil rein kommerzieller Aktivitäten auf V-LEO reserviert sein. Hier dürfen die Unternehmen mit eigenem Geld alles tun, was ihnen so einfällt, um Geld zu verdienen. Abgesehen davon, dass es geradezu ein Markenzeichen von KMU ist, über entsprechendes Spielgeld NICHT zu verfügen, ist dazu bisher nur ansatzweise bekannt, dass sich das sowieso niemals rechnen wird. Zum Beispiel allein deshalb schon nicht, weil Brüssel sich vorbehält, kommerzielle Aktivitäten nach Gusto abzuschalten, sobald das Video im Elfenbeinturm ruckelt – EU-hoheitliches Interesse hat immer Vorfahrt. Apropos: IoT-Anwendungen wie etwa „autonomes Fahren“ würden dann wohl nur solche Firmen buchen, die prinzipiell nicht das Kleingedruckte lesen. Deren Anzahl dürfte sehr überschaubar sein.

Dafür bleibt dies zu vermelden:

Was immer die Bundeswehr  an Konstellation(en) auf die Beine stellt: es wird „made in Germany“ sein und in deutlichem Umfang auf Können und Leistung der eigenen KMU ruhen. Genauso übrigens geht Italien jetzt vor, siehe KTR zum Thema Italien macht sein eigenes Ding. Dieses Prinzip macht auch nicht vor dem Bereich der Startdienstleistungen halt. Hier ist die Bundeswehr auch im Gespräch mit Isar Aerospace, HyImpulse und RFA. Außerdem sieht der Koalitionsvertrag eine eigene Startrampe – gemeint ist die schwimmende Plattform in der Nordsee – vor.

Diese Grundzüge der augenblicklichen Diskussion im Verteidigungsbereich haben schon technisch vordefinierende Wirkung für das Design der Konstellation und ihrer Satelliten. Das betrifft zum Beispiel Faktoren wie Gewicht und Stapelbarkeit, hinzu kommen aus anderen Diskussionen Anforderungen wie etwa elektronische Abstrahlformung, Intersatlaserlinks und integrierte Deorbit-Module: Elemente, die jedes für sich und alle zusammen genau nach dem rufen, was die deutschen KMU in dieses Projekt einbringen können. Und sollte eines ausfallen, kann ein anderes an seine Stelle treten: Prinzip Internet statt gefährlicher „Systemrelevanz“ solcher „too big to fail“: KMU machen es möglich.

Das eigene und in eigener Regie komplett regelbare Satellitensystem ist darüber hinaus ein wesentlicher Baustein zur effektiven Bewahrung der nationalen Verteidigungsautonomie, deren Ressourcen nach souveräner Entscheidung durchaus zwar in gemeinsame Strategien eingebracht, aber eben nicht auch nur teilweise sozusagen kalt durch den Keller in die Küche einer EU-„Regierung“ praktisch „unterstellt“ werden können. Denn was sonst bedeutet „zentrale Verfügungsgewalt über die Kommunikation europäischer V-Kräfte“, wenn nicht potentiell erheblichen Einfluss auf deren Entscheidungsprozesse?

Nägel mit Köpfen – die Kavallerie kommt gerade recht. Das diese Rolle jetzt  ausgerechnet die vielgeschmähte deutsche Bundeswehr einnimmt, ist nur umso erfreulicher.

Quelle u.a.: https://www.heise.de/news/Ein-eigenes-Starlink-Bundeswehr-prueft-Aufbau-von-Satellitenkonstellation-10345434.html