Kubilius-Ankündigungen – Nur eine weitere EU-Augenwischerei in Sachen Raumfahrt?

Europa
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Es ist ein „altes“ Problem, genauer: ein dreieinhalb Jahre altes – die Überlagerung von echten GPS-Funkdaten mit gefälschten, sogenanntes „Spoofing“. Seit 2022 nutzt Russland seine Möglichkeiten, nicht nur im direkten Kriegsgebiet Ukraine, sondern prinzipiell im ganzen Westen, um die amerikanische Leittechnik der Orientierung durcheinander zu bringen. Nichts Neues also. Aber wenn dadurch die Piloten der EU-Chefin auf dem Trip zu einer Besichtigung im bulgarischen Plowdiv zur althergebrachten Landetechnik nach Papierkarten, Funkfeuer und Instrumenten greifen müssen, dann geht es auf Brüsseler Führungsetagen ganz schnell und Raumfahrtkommissar Kubilius verkündet der Welt über den Messenger-Dienst X von Elon Musk – immer wieder gerne genommen, vorzugsweise von denen, die Musk nicht mögen – die wilde Entschlossenheit der Führung zur Ergreifung sofortiger Gegenmaßnahmen. Der Kubilius-Post hier im Original (mit Rechtschreibfehlern):

 „Jamming and spoofing harms our air, maritime & transport economies. OurEU Galileo space project can help! We already provide authentification service to detect spoofing. We will increase satelites in low Earth orbit for robustness and we will enhance interference detection.“

Was die Ankündigung des Einsatzes weiterer Galileo-Satelliten angeht („we will increase satelites…“), so ist das bei näherem Hinsehen nur eine geschickte Taktik, dem Publikum zum zweiten Mal zu verkaufen, was beim ersten Mal noch nicht fertig geworden ist und nun eh gemacht werden muss, (siehe auch KTR Bericht, Quelle unten): denn auch siebzehn Jahre nach geplanter Fertigstellung ist Galileo noch nicht im Vollbetrieb, von 31 Satelliten funktionieren nach EU-eigenen Angaben im Moment mal 27 – und die auch nicht immer, wie die wochenlangen Ausfälle des Systems im Juli 2019 und im Januar 2023 beeindruckend zeigten.

Und was ist nun von dem ebenfalls vollmundig angekündigten Ausbau der Maßnahmen gegen Spoofing zu halten? Kubilius zieht zur Demonstration tatkräftigen aktuellen EU-Engagements die Einführung des OSNMA-Schlüsseldienstes (Open Service Navigation Message Authentification) heran. Dabei handelt es sich um das erste System dieser Art, und es steht seit Juli 2025 auch zivilen Nutzern kostenlos offen. OSNMA fügt den normalen Navigationsdaten eine Art „digitale Unterschrift“ hinzu, die beweist, dass die Daten wirklich vom Galileo-Satellitensystem stammen. Das klappt übrigens auch mit GPS, denn es ist ein breit angelegter GNSS-Dienst. Durch die Zeitversetzung der Sendung von Navidaten (zuerst) und Schlüsseln (Sekunden später) ist es für Angreifer unmöglich, die Original-Navidaten zu verfälschen. Nach heutigem Stand der Dinge ist dies nun eine äußerst pfiffige Lösung – schon allein deshalb, weil sie im Gegensatz etwa zu den Quantenschlüssel(alb)träumen von Iris2 schlicht funktioniert. ABER: seit Dezember 2024 weiß schon jeder Trucker, dass Europas Laster spätestens Ende dieses Jahres nicht mehr ohne OSNMA-Empfangstechnik rollen dürfen, die Geräte und Antennen sind heute schon verfügbar. Die Ankündigung, „we will enhance interference detection“ mit OSNMA ist also ebenfalls der Versuch, auch hier eine längst eingetütete Aktion als Ziel bevorstehenden tatkräftigen Handelns in Beantwortung aktuell auftretender Herausforderungen zum zweiten Mal als neu zu verkaufen. Und das sogar zusammen mit dem Eingeständnis, dass dies alles nichts Neues ist, gar im selben Atemzug.

Nur aktionistische Augenwischerei und nebenbei schlechte Kommunikation? Das wäre ja schon fast zu hoffen. Und wäre auch dann nicht ganz so schlimm, eben nur ein Beleg, dass der Kommissar möglicherweise eben nicht so ganz sicher weiß, wovon er spricht – das hat ja in der EU-Raumfahrt spätestens seit Breton Tradition.

Aber wenn es volle Absicht wäre? Dann müsste man sich nicht wundern, wenn die EU den Mitgliedern über die Zeit auch jeweils alles zweimal in Rechnung stellte – oder eben für jedes Halbe die ganze Rechnung präsentierte. Im Extremfall könnte es sogar dazu beitragen, den enormen neuen Finanzbedarf der Kontinentalführung zu erklären, siehe auch dazu Klartext Raumfahrt über die Endlos-Euros für die EU vom 21.7.2025. Worum also geht es hier: nur um Augenwischerei oder doch die Büchse der Pandora?

Quellen: https://www.gsc-europa.eu/system-service-status/constellation-information

https://www.heise.de/news/Nach-GPS-Stoerung-bei-von-der-Leyen-EU-setzt-auf-Verschluesselung-gegen-Spoofing-10628720.html

https://klartext-raumfahrt.de/iris2-weiterer-erfolg-auf-dem-weg-zum-staatsfinanzierten-defizitprojekt/