Empfehlungen der drei Länder (B-B-B) zur Stärkung der Rolle der ESA

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Die ESA und ihre Mitgliedsländer tragen in Kooperation mit der EU die Verantwortung für die Konzeption und die Umsetzung der europäischen Raumfahrtprogramme. Neben einer in den letzten Jahrzehnten sehr systematisch und erfolgreich aufgebauten weltraumgestützten Infrastruktur stehen heute Herausforderungen durch einen scharfen globalen Wettbewerb und signifikante politische Umbrüche. Es gilt, schnell und bestimmt zu handeln – Antworten auf diese Herausforderungen müssen aus den Ergebnissen der ESA-MK 2025 sichtbar werden.

Die Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder hat die Bedeutung der europäischen und nationalen Raumfahrt unterstrichen und fordert in ihrem Beschluss vom 12. Dezember 2024 jeweils deutliche Budgetanhebungen. Vor diesem Hintergrund fordern wir, wie im Koalitionsvertrag festgelegt, eine starke Zeichnung Deutschlands bei der ESA-MK 2025. Diese sollte mit konkreten strukturellen Reformen in der Raumfahrt auf allen Ebenen – EU, ESA, Deutschland einhergehen. Erreicht werden müssen: Eine erhöhte

Resilienz und Sicherheit der Raumfahrt in Europa als essenzieller Teil der kritischen  Infrastruktur, ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis, höhere Agilität und die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit verbunden mit einem Abbau von Bürokratie.

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit möchten wir folgende Empfehlungen hervorheben:

  • Die Zuständigkeiten der ESA, der EU und ihrer Agenturen (EUSPA, EDA) sowie der Mitgliedsstaaten müssen für ein effektives und effizientes Zusammenspiel der Akteure transparent und verlässlich geregelt sein. Bei der Implementierung sollte auf die Kompetenz der ESA gesetzt werden, um eine mögliche Fragmentierung in Europa zu vermeiden. Die ESA sollte in die EU-Strategieentwicklung einbezogen werden und auch in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit eine zentrale Rolle im Schulterschluss mit der EU einnehmen.
  • Im Einklang mit der überwiegenden Mehrheit der ESA-Mitgliedsländer befürworten wir die Beibehaltung des geographischen Rückflussprinzips, unterstützen aber zugleich die Vorschläge zur Vereinfachung und Flexibilisierung. Wir befürworten ein „Fair-Contribution“-Schema für ausgewählte Programmlinien. Dies wahrt die Gestaltungshoheit der ESA-Mitgliedsstaaten und mindert das Risiko für Deutschland als größten EU-Beitragszahler mit derzeit schmalem nationalen Raumfahrtbudget, im innereuropäischen Wettbewerb weiter an Boden zu verlieren. Wir begrüßen ein Übereinkommen europäischer Staaten, Raumfahrt-Dienstleistungen und Produkte priorisiert aus der EU zu kaufen, um anderweitige Abhängigkeiten zu reduzieren und gleichzeitig den volkswirtschaftlichen Nutzen der getätigten Investitionen zu steigern.
  • Aufgrund der aktuellen rapiden geopolitischen Veränderungen befürworten wir, dass die ESA Programme verstärkt für die Entwicklung von Dual-Use Technologien sowie für Beiträge aus non-Space Branchen geöffnet werden. Die europäische Raumfahrtindustrie weist auf mangelnde Profitabilität bei den ESA-Aufträgen und auf Produktentwicklungen höchster Qualität hin, die allerdings auf dem Weltmarkt oft nicht konkurrenzfähig sind. Diese Aspekte behindern eine erfolgreiche Transformation und erfordern umfassende Gegenmaßnahmen auf europäischer sowie auf nationaler Ebene, wie zum Beispiel:
    • Zügige, zielgerichtete und messbare Umsetzung der ESA-Reformen, Bürokratieabbau und Harmonisierung der Prozesse des gesamten Programm-Lebenszyklus mit dem Ziel eines flexibleren Managements bei Projektdurchführung, verbesserter Profitabilität von Aufträgen sowie beschleunigten Vergabeprozessen und Auszahlungen.
    • Überprüfung von global wettbewerbsverzerrenden Standards und wettbewerbsstärkende Gestaltung neuer Vorgaben.
    • Verstärkte Anwendung des Ankerkunden-Prinzips sowie von optimierten Beschaffungsprozessen mit Fokus der Anforderungen auf Produkte und Dienstleistungen statt auf deren Implementierung.
    • Verstärkung des Technologietransfers zwischen den ESA-Programmlinien und Möglichkeit der flexiblen Integration neuer Technologien in laufende/geplante ESA-Missionen.
    • Stärkere Ausschöpfung der Potenziale in der Kooperation von Forschung und Wirtschaft:
    • Vereinfachung der Förder-/Antrags-Regularien, kommerzialisierungsfreundliche Ausgestaltung der Transferbedingungen (z. B. in Bezug auf Intellectual Property Rights-Regelungen), progressive Fehlerkultur sowie Ermöglichung einer schnellen und unkomplizierten Technologieerprobung zur Verkürzung der Markteinführungszeiten.
  • Deutschland sollte für Prozesse eintreten, die eine faire Teilhabe aller deutschen Akteure ermöglichen und auch einen höheren Rückfluss an deutsche KMU und Start-ups durch verbindliche programmatische Vorgaben und deren Einhaltung unterstützt zur Sicherung einer souveränen, leistungsstarken Wertschöpfungskette.
  • Wir halten es für wichtig, dass sich Deutschland für die Wahrung eines fairen Wettbewerbs im Sinne eines „Level Playing Field“ und gegen Wettbewerbsverzerrung durch unfaire Förderkonkurrenz einsetzt. Den Aufbau von nationalen Parallelstrukturen gilt es zu vermeiden.

Stand: Juni 2025