Europäische Kommission, 24. März 2025
Die nachfolgenden Informationen stammen so von der EU-Kommission mit Unterstützung der DEFIS. KTR bringt sie hier als Informationsservice für die deutschen Raumfahrt-KMU mit Schwerpunkt Elektronik und kritische Technologien. Insbesondere die zahlreichen konkreten Hinweise auf Projekte und Nennungen von EU-beauftragten Spezialunternehmen könnten für das eine oder andere deutsche KMU zu fruchtbaren internationalen Kooperationskontakten führen.
In den letzten zehn Jahren hat die Europäische Kommission in erheblichem Umfang in die Weltraumforschung investiert, um die europäischen Fähigkeiten in kritischen Technologien zu stärken, die traditionell von außerhalb der Europäischen Union (EU) bezogen wurden. Seit 2009 wird diese Aufgabe durch mehrere Rahmenprogramme unterstützt. Das jüngste ist Horizont Europa, das wichtigste Forschungs- und Innovationsprogramm der EU für den Zeitraum 2021-2027. Das EU-Arbeitsprogramm für Weltraumforschung und -innovation (F&I) innerhalb von Horizont Europa widmet sich speziell dem Thema kritische Weltraumtechnologien, um stärkere, widerstandsfähige Raumfahrtkapazitäten in der EU aufzubauen.
In dieser Zeit hat der Raumfahrtsektor ein beispielloses Wachstum erlebt, das durch innovative Durchbrüche und einen sich verschärfenden globalen Wettbewerb angetrieben wurde. Als Reaktion darauf hat die EU eine vielschichtige Strategie zur Stärkung ihrer Position verabschiedet. Die Generaldirektion für Verteidigungsindustrie und Raumfahrt (GD DEFIS) der Europäischen Kommission verfolgt einen dreifachen Ansatz, der aus folgenden Elementen besteht:
- Entwicklung modernster elektrischer und elektronischer Raumfahrtkomponenten und -systeme, die für die strategische Autonomie der EU von entscheidender Bedeutung sind,
- Aufbau eines Weltraumerbes durch Möglichkeiten der In-Orbit-Demonstration (IOD)/In-Orbit-Validierung (IOV) und
- Ermöglichung der Integration wichtiger Raumfahrttechnologien in EU-Missionen.
Im Gegensatz zur „Blue-Sky“-Forschung verfolgen diese auf die Raumfahrt ausgerichteten Projekte einen bedarfsorientierten Ansatz: Die Kommission ermittelt spezifische technologische Lücken auf der Grundlage des Bedarfs der EU-Raumfahrtmissionen und arbeitet dann mit der Industrie zusammen, um Technologien zu entwickeln, die sich rasch vermarkten lassen. Die Weltraumforschungsprojekte werden direkt von der Abteilung für Weltraumforschung der Exekutivagentur der Europäischen Kommission HaDEA verwaltet. Bei der Durchführung von Weltraumforschungs- und -entwicklungsprojekten legt die Europäische Kommission die Ziele fest und die Industrie bestimmt den Ansatz. Dieses Modell zielt darauf ab, der Industrie die Freiheit zu geben, die optimale Lösung zu wählen, die ihren Bedürfnissen entspricht und gleichzeitig einen kommerziellen Nutzen bringt.
Dieser Ansatz wird durch die Tatsache bestätigt, dass 43 % der Weltraumforschungsprojekte seit 2014 erfolgreich marktreife Produkte geliefert haben. Im laufenden Horizont-Europa-Programm und in den vorangegangenen Horizont-2020-Rahmenprogrammen befassten sich die Projekte im Bereich der kritischen Weltraumtechnologien mit verschiedenen Technologielinien wie großen verlegbaren Antennen, GaN-Bauelementen für Hochfrequenz- und Leistungsanwendungen, strahlungsbeständigen FPGAs und fortgeschrittenen Leiterplattenfertigungstechniken.
Strategie im Bereich der EEE-Komponenten für die Raumfahrt
Als Reaktion auf die jüngsten Schwachstellen in den Halbleiterlieferketten hat die Europäische Kommission den EU-Chip Act[1] auf den Weg gebracht, der Investitionen in fortschrittliche Technologieknoten mobilisiert und die Fertigungskapazitäten in der EU erweitert. Parallel dazu wurde im Rahmen des EU-Programms für Forschung und Innovation im Bereich der Raumfahrt das Jahresbudget für weltraumkritische Technologien aufgestockt, und auf der Grundlage der Fortschritte des EU-Chipgesetzes wurden weltraumorientierte EEE-Entwicklungen zu erfolgreichen Ergebnissen geführt. Bemerkenswerte Beispiele werden in den folgenden Abschnitten hervorgehoben.
Leistungsstarke ADCs und DACs
Ein Paradebeispiel für diesen Ansatz ist die laufende Entwicklung von strahlungsharten Analog-Digital-Wandlern (ADCs) und Digital-Analog-Wandlern (DACs), die für die Breitbandtelekommunikation unerlässlich sind. Im Rahmen des INTERSTELLAR-Projekts, eines von TELEDYNE E2V in Frankreich geleiteten Konsortiums, wurden Geräte mit ultraschnellen Abtastraten, großer analoger Bandbreite und geringem Stromverbrauch entwickelt. Diese Wandler werden bereits bei mehreren Weltraummissionen eingesetzt, darunter bei den Galileo-Satelliten der zweiten Generation, bei der Copernicus-Mission Sentinel-6 und bei Initiativen der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA).
Das kürzlich gestartete ORION-Projekt erweitert diese Fortschritte in Richtung eines stromsparenden X-Band-ADCs als Zwischenschritt für das Ka-Band und zielt auf Anwendungen wie aktive Phased-Array-Antennen und fortgeschrittene digitale Strahlformung ab.
Strahlungsfeste ASICs und Speicher
Im Rahmen der Horizon-Projekte EFESOS und MNEMOSYNE haben zwei Konsortien unter der Leitung von Imec und 3D-Plus erfolgreich die grundlegenden Strukturen für strahlungsharte ASICs und einen nichtflüchtigen Speicher (NVM) mit magnetischem Direktzugriff (MRAM) auf der Grundlage von 3D-Packaging unter Verwendung der 22-nm-FD-SOI-Technologie entwickelt. Diese Bemühungen konzentrierten sich darauf, sicherzustellen, dass Satellitensysteme der nächsten Generation kritische Software sicher speichern und starten können, selbst unter intensiven Strahlungsbedingungen. Die entwickelten MRAMs haben eine hervorragende Leistung gezeigt und die Vermarktung hat bereits begonnen.
Strahlungsfeste FPGAs
Die Europäische Kommission hat in Zusammenarbeit mit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und der französischen Raumfahrtagentur (CNES) mehrere Verträge zur Entwicklung einer strahlungsresistenten europäischen FPGA-Familie unterstützt, die für alle Raumfahrtanwendungen – von Haushaltsaufgaben für Raumfahrzeuge bis hin zu fortgeschrittener Kommunikation und hochmodernen Instrumenten – unerlässlich ist. Federführend bei den Entwicklungen ist das Unternehmen NanoXplore, das bereits mehrere strahlungsfeste FPGAs auf Basis der 65-nm- und 28-nm-Technologie anbietet. Diese Bausteine werden bereits in verschiedenen Weltraummissionen eingesetzt, darunter die EU-Satelliten Galileo und Copernicus Sentinels, ESA-Missionen wie Plato und Hera und internationale Missionen wie SMILE und SVOM.
Mit Blick auf die künftigen Generationen von Raumfahrtsystemen investiert die Europäische Kommission in die ultratiefe Submikrontechnologie. Die Projekte DUROC und PUMA arbeiten an rad-harten FPGAs, die auf dem FinFET 7nm-Prozess basieren. Um einen nahtlosen Fortschritt zu gewährleisten, haben die Europäische Kommission (DG DEFIS), ESA und CNES ein spezielles Tiger-Team gebildet, das die Entwicklung koordiniert. Ziel ist es, ein qualifiziertes N7-FPGA für das zukünftige sichere EU-Satellitenkommunikationssystem IRIS2 bereitzustellen.
Um sicherzustellen, dass diese neuen Komponenten den strengen Weltraumstandards entsprechen, hat die Kommission auch in weltraumtaugliche Testeinrichtungen investiert. Ein bemerkenswertes Beispiel ist das HEARTS-Projekt, bei dem zwei große europäische Teilchenbeschleuniger, die internationale Einrichtung CERN und das deutsche GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung, zusammenarbeiten, um in Europa eine Bestrahlungsanlage für sehr hochenergetische Schwerionen (>1 GeV/n Energie) zu schaffen. Dank der sehr hohen Energie der Ionen wird HEARTS@CERN das Testen komplexer Elektronik, wie Systems-in-Package und Systems-on-Chip, ermöglichen, ohne dass die Komponenten physisch verändert werden müssen. Darüber hinaus konzentriert sich die HEARTS@GSI-Anlage auf Schwerionentests zur Abschirmung und radiobiologischen Forschung für Weltraummissionen durch die Entwicklung eines galaktischen kosmischen Strahlensimulators.
Künftige Perspektiven
Die Europäische Kommission stärkt die strategische Autonomie der EU bei künftigen Weltraummissionen durch die Entwicklung modernster Weltraumtechnologien und der erforderlichen Produktions- und Testeinrichtungen. Um die nächste Generation von Satellitensystemen und Weltrauminstrumenten weiter voranzutreiben, baut die EU ihr Portfolio an fortschrittlicher Mikroelektronik rasch aus. Künftige Möglichkeiten im Bereich der Elektro- und Elektronikindustrie und der kritischen Weltraumtechnologien im Rahmen des EU-Arbeitsprogramms 2025 für Forschung und Innovation im Weltraum werden diese Bemühungen verstärken.