Mittlerweile ist es eine Tatsache: Ohne SpaceX läuft nichts auf LEO. Noch nicht ganz so bekannt ist diese Tatsache: Mit SpaceX läuft in bestimmten Fällen auch nichts. Dieser Fall tritt ein, wenn der Auftraggeber für den Start seines Satelliten auf LEO nicht peinlich genau alle Beförderungsbedingungen erfüllt. Dazu gehört seit Oktober nun auch die Pflicht zum Nachweis, dass der Satellit für ein Deorbit nach Missionsende innerhalb von längstens 5 Jahren ausgerüstet ist.
Derzeit üblich sind alternativ zwei Technologien: automatische Rückführung mit Hilfe einer am Satelliten extern angebrachten Segeleinrichtung, die für alle Größen von Satelliten auf LEO-Bahnen bestellbar sind, oder aber die gesteuerte Variante unter Inkaufnahme des Verbrauchs von bis zu 60 Prozent des Treibstoffes, der sonst für die Mission nutzbar wäre. Beides machbar, beides im Sinne von SpaceX sowie der FCC, die für alle über Nordamerika aktiven Kommunikationssatelliten zuständig ist.
Einen dritten Weg, so jedenfalls drang es gerüchteweise aus einem kleinen Zirkel am Rande der jüngsten „Clean Space Days“ der ESA in Nordwijk bis in die Redaktion von KTR, gebe es dann doch noch und exklusiv für jene Hersteller und Betreiber aus Deutschland, die sich trickreich und ohne Kosten – nur eben auf Kosten aller anderen – aus der Affäre ziehen wollen. Sie, so die Behauptung, lassen sich einfach vom DLR bescheinigen, dass ihr Satellit die geltenden Space Debris Mitigation – Verpflichtungen erfüllt; und da man bei SpaceX der deutschen Institution vertraue, wird der Sat schlicht durchgewunken. Der Trick dabei: eine solche Bescheinigung deckt nur die alte Regel von Deorbit in 25 Jahren, man tut aber so, als ginge es um die neue. Auf Anfrage vom KTR wies das DLR die Möglichkeit solcher Trickserei mit in deutlichstem Klartext zurück:
„Bei Vorhaben, die mit nationalen Mitteln finanziert werden, prüft die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR, ob die Anforderungen zur Space Debris Mitigation erfüllt sind, welche zum Zeitpunkt der Projektimplementierung Gültigkeit hatten.
Die Deutsche Raumfahrtagentur stellt keine Bescheinigungen aus, insbesondere nicht für Projekte und Anbieter, welche nicht mit nationalen Mittel finanziert sind. Dazu besteht kein Mandat und auch keine rechtliche Grundlage. Ohne diese gesetzliche Grundlage erfolgt entsprechend auch keine Prüfung von Aktivitäten jenseits des nationalen Programms. Projekte des nationalen Programms müssen zudem den Nachweis der Erfüllung der spezifischen Anforderungen u.a. zu Space Debris zum Beispiel bei einem Start mit SpaceX diesen direkt erbringen. Auch hier gibt es keine Bescheinigung seitens des DLR.“
Darüber hinaus orientiert sich das DLR nicht mehr, wie die Gerüchte aus der Tagung behaupteten, an der längst überholten 25-Jahre-Regel, sondern ebenso klar an den neuen Anforderungen für das Deorbiting innerhalb von nur noch 5 Jahren:
„Die zu erfüllenden Requirements sind Vertragsgegenstand bei der Beauftragung oder Förderung nationaler (Satelliten-)Projekte. Dabei werden die Anforderungen zur Space Debris Mitigation auf Basis der etablierten, aktuellen internationalen Standards zusammengestellt und ggf. projektspezifisch unter Berücksichtigung der Randbedingungen z.B. der Startdienstleister angepasst. Das bedeutet unter anderem, dass alle von Deutschland finanzierten zukünftigen Missionen aktuell sich etablierende Anforderungen, wie die „5 Jahre Restlebensdauer“, erfüllen werden.“
Damit ist klar: Auch für deutsche Hersteller und Betreiber von Satelliten auf LEO gibt es keine schwarzen Schlupflöcher, um sich geltenden Ausrüstungsverpflichtungen für den 5-Jahres-Deorbit zu entziehen. Und erst recht gibt es für solche Tricksereien nicht im Entferntesten irgendeine Art der Unterstützung seitens der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR.
Wer sich nicht daran hält – egal, aus welchem Land – wird nicht befördert.
PS: Nach neuesten, bislang noch unbestätigten Informationen, die KTR aus Quellen in Indien zugespielt wurden, setzt sich die 5-Jahres-Regel nun auch dort durch. KTR wird gesondert berichten, sobald sich die Informationen verdichten.