Italien am Scheideweg: Eigene Konstellation statt Starlink nehmen und auf IRIS² warten?

©EUSPA, ©EU Agency for the Space Programme

Ein durchgesickerter Bericht des italienischen Büros für Raumfahrtpolitik stellt fest, dass Italien beim IRIS²-Programm nicht seinen Möglichkeiten entsprechend beteiligt sei, andererseits von Starlink ein Angebot zur Versorgung mit allen gewünschten Diensten vorliege. Dieses Nachrichtenleck tut sich gerade in dem Moment auf, da die italienische Regierung sich anschickt, ihre Handlungspräferenzen festzulegen. Denn derer hat sie potentiell gleich drei:

  • Starlink unter Vertrag nehmen und IRIS² vergessen
  • Starlink als Überbrückungsvehikel bis zur Einführung von IRIS² nutzen
  • Mit einer unter dem Namen MERCURIO bisher eher als geheime Kommandosache gehandhabten Vision einer eigenen nationalen Satellitenkonstellation voranschreiten und dafür gleich beide, Starlink UND IRIS² vergessen.

Das Dilemma der italienischen Regierung ist schnell offensichtlich: Sie möchte ihrer eigenen Industrie auf keinen Fall den Weg ins budgetäre Schlaraffenland der EU verbauen, sondern im Gegenteil eher ebnen. Gleichzeitig ist ihr klar – und der durchgesickerte Bericht sagt dies auch nochmal ganz deutlich – dass IRIS² eben noch lange nicht verfügbar ist, und wenn es doch einmal so weit sein sollte, von vornherein Starlink hoffnungslos unterlegen sein wird. Und obendrein: der Status des Projektes MERCURIO ist der unter anderem von der ASI angeschobenen Machbarkeitsstudie zufolge noch nicht aussagefähig. Zwar ist das Projekt nach vorliegenden Informationen von einer Phase 1 in die Phase 2 übergegangen, dabei wurden aber weder die Resultate von Phase 1 noch budgetäre und/oder industriepolitische sowie technologische Rahmenbedingungen bekannt. Bekannt ist lediglich, dass Italien sich in den kommenden letzten Wochen des Jahres 2025 endgültig entscheiden will.

Wenn auch klar ist, dass Italien diese Entscheidung in aller Souveränität allein und ohne Einfluss von außen zuzulassen treffen wird, so wäre es doch nicht abwegig zu vermuten, dass man auf dem Weg dorthin durchaus gewichtige Stimmen zur Lage aufmerksam hören wird. Eine solche ist die Ludwig Möllers, des Direktors des Europäischen Instituts für Raumfahrtpolitik, ESPI, der laut SpaceNews nüchtern feststellt: „Bis heute gibt es zu Starlink nichts Vergleichbares“, und es sei völlig normal, sich aus verfügbarer Quelle im Bedarfsfall zu versorgen. Aber die Situation sei ähnlich wie in den frühen Tagen des Internets vor 25 Jahren: Europa könne wie damals auch jetzt seine eigenen Kapazitäten aufbauen, so der  als Fürsprecher von IRIS² bekannte Manager.

Allerdings lässt die damit vage eröffnete Aussicht auf eine 25jährige Durststrecke, eröffnet durch ein unzulängliches IRIS²-System schlicht erschaudern. Denn soviel Zeit für Trial und vor allem Error haben wir mit Sicherheit nicht.

Quelle u.a.:

https://spacenews.com/italys-crossroads-build-its-own-satellites-or-lean-on-starlink-while-waiting-for-iris%c2%b2/