Apophis meets Erde – aber trifft sie nicht
Am 13. April 2029 – und ja, es ist ein Freitag! – wird nach heutiger Sicht der 375 m große Asteroid Apophis in einer Entfernung von 32.000 km an der Erdoberfläche vorbeifliegen – was weniger als ein Zehntel der Entfernung zwischen Erde und Mond entspricht. Im Hinblick auf einen Einschlag gilt zwar die Erkenntnis, „knapp daneben ist auch vorbei“, aber für den Gürtel der in 36.000 Kilometern Höhe stationierten GEO-Sats wird es gut und gerne reichen. Sollte es dann dort zu einer plötzlichen Mehrung von Debris kommen, so werden entsprechend ihrem Geschäftsmodell wenigstens die Versicherer keinen Schaden nehmen, denn sie kündigen bei so weit voraussehbaren Schäden vorsorglich die Verträge. Dies bestätigte uns schon vor geraumer Zeit der Chef der Space Risk-Sparte eines der Großen unter den Rückversicherern.
Was auch passiert: dieses glücklicherweise eher seltene Naturphänomen – statistisch kommt ein Brocken à la Apophis der Erde alle 7.500 Jahre so nahe – wird die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich ziehen und eine einzigartige Gelegenheit für die wissenschaftliche und planetare Verteidigungsforschung bieten. Einzigartig, ja, aber wie gesagt, voraussichtlich nicht die einzige – und damit letzte. Mit 350 Metern Durchmesser wäre er auch mit dieser Herkules-Aufgabe hoffnungslos überfordert. Schließlich war der Stein, der die Dinos ausrottete, gut 10 Kilometer lang und machte dann doch „nur“ ein Loch. Insofern scheint Apophis mit seinem Namen, der ihn als Gott der Finsternis und der Vernichtung ausweist, doch einigermaßen überzeichnet.
Während des Vorbeiflugs werden starke Gravitationskräfte auf den Asteroiden einwirken und dadurch wahrscheinlich noch nicht bisher entdecktes Material unterhalb der Oberfläche freilegen. Ein Raumfahrzeug in unmittelbarer Nähe von Apophis könnte diese Veränderungen beobachten und den Wissenschaftlern wichtige Erkenntnisse über die Zusammensetzung und Struktur des Asteroiden vermitteln und auch darüber berichten, wie ein Asteroid auf äußere Kräfte reagiert. Erst das Verständnis dieser Zusammenhänge ist Voraussetzung der Entwicklung von Fähigkeiten, einen gefährlichen Asteroiden von einem Kollisionskurs mit der Erde abzuwenden.
Die ESA wird auf der nächsten Ministerratstagung im Jahr 2025 eine solche Mission als Mission zur planetaren Verteidigung im Rahmen des Programms für Weltraumsicherheit vorschlagen. Billig wird es eher nicht, aber auch nicht so teuer wie eine komplette Neuentwicklung. Das Raumfahrzeug wäre z.B. eine Art Facelift von Hera mit ein paar zusätzlichen Ausstattungs- und Tuningoptionen. Hera ist die erste Asteroiden-Mission der ESA und seit dem 7. Oktober 2024 unterwegs.
Die „Rapid Apophis Mission for Space Safety” (Ramses) müsste allerdings Anfang 2028 starten, um den Anschluss zu Apophis nicht zu verpassen und ihn bei seinem Vorbeiflug an der Erde zu untersuchen. Daher genehmigten die Mitgliedstaaten der ESA im Juli 2024 die Verwendung vorhandener Mittel der Agentur, um mit den Vorarbeiten für die Konsolidierungs -/Frühumsetzungsphase der Mission zu beginnen. Diese Arbeiten werden sicherstellen, dass die Umsetzung der Ramses-Mission, wenn sie 2025 volle Unterstützung erhält, innerhalb dieses sehr engen Zeitrahmens machbar ist. Unbestätigten Gerüchten zufolge wurde die Deutsche Bahn bei der Vergabe von Aufgaben zur Berechnung des Fahrplans zum Asteroiden nicht berücksichtigt.
Die Mittel wurden durch das General Support Technology Programme und das Space Safety Programme der ESA bereitgestellt.
Der Generaldirektor der ESA, Josef Aschbacher, und OHB Italia-Geschäftsführer, Roberto Aceti, haben auf dem Internationalen astronautischen Kongress (IAC) in Mailand einen Vertrag über 63 Millionen Euro unterzeichnet für den Beginn der Beschaffung bestimmter zeitkritischer oder langfristiger Ausrüstung sowie für die Fertigstellung des Gesamtentwurfs des Raumfahrzeugs.
Wann dann tatsächlich einmal mit „Rambo“ ein echtes Armageddon-Vehikel auf „Ramses“ folgt, steht allerdings noch in den Sternen. Für die Entwicklung jedenfalls wären statistisch bis zu 7.500 Jahre Zeit. Müsste also machbar sein.
Quelle u.a.: https://www.esa.int/Space_Safety/Planetary_Defence/ESA_moves_forward_with_Apophis_mission_preparations