Mittelstand mobilisiert Parlamentarier gegen Flaute beim Raumfahrtbudget

Am 6. Mai 2025 schrieb Bundeskanzler Friedrich Merz diese schwungvollen Zeilen an alle neuen Bundesminister:

„Gemäß §9 der Geschäftsordnung der Bundesregierung ordne ich mit sofortiger Wirkung an: ….Dem Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt werden übertragen … aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie die Zuständigkeiten für Raumfahrt einschließlich des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, Grundsatzfragen der nationalen und internationalen Technologiepolitik, die Entwicklung digitaler Technologien, für die HighTech-Agenda, Gigafactories, SPRIND und Games…“

und er schloss mit der Zielvorgabe: „…Einzelheiten des Übergangs werden zwischen den beteiligten Mitgliedern der Bundesregierung geregelt und dem Chef des Bundeskanzleramtes bis zum 01. August 2025 mitgeteilt“.

Anstelle spontanen Handelns innerhalb der gesetzten Frist kam die Reaktion aus dem Wirtschaftsministerium einem abgewandelten Sponti-Spruch gleich: „Stell Dir vor, der Kanzler sagt was, keiner tut was, und das macht nichts“: Die Zuständigkeit für Raumfahrt blieb jedenfalls, wo sie schon in der letzten Regierung war, das Budget für Raumfahrt ebenfalls und an den schon von linksgrünliberal geplanten Rückschritten im Investitionsvolumen für die deutsche Raumfahrt änderte sich auch nichts: Der Entwurf der gescheiterten Ampel wanderte in die aktuellen Haushaltsdiskussionen für das Budgetjahr 2026 und wird, wenn auch weiterhin nichts passiert, schon Mitte November in der Bereinigung festgezurrt.

Aus für gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen verlautet inzwischen der Hinweis, dass zur Vermeidung dieser Automatik der 1. Oktober nun als neuer Vollzugsmeldetermin für den Übergang der Raumfahrtzuständigkeit einschließlich auch wesentlicher Personalressourcen vom BMWE zum BMFTR gesetzt sei. Dass wäre schon übermorgen – gerührt hat sich spürbar jedenfalls nichts, und was bewegt sich schon verwaltungstechnisch innerhalb des gefühlten öffentlich-rechtlichen Wimpernschlagmoments von nur 48 Stunden?  Und selbst wenn – eine copy-paste-Aktion zum Transfer der Inhalte des Einzelplanes 09 (BMWE) nach EP 30 (BMFTR) allein bringt der Raumfahrt genau 0,00, denn zur Erreichung der gesetzten Investitionsziele fehlen dann noch immer bemerkenswert viele hundert Millionen, siehe zu den Zahlen im Detail auch KTR.

Dabei hätte es doch einmal präzedenzlos positiv-dynamisch zugehen können, nachdem alle drei Hauptakteure zum gefühlt ersten Mal am selben Strang von derselben Seite ziehen – die neue Bundesregierung, die KMU in AKRK sowie Best of Space und der BDLI als Industrieverband insbesondere der Großen in Luft- und Raumfahrt. Stattdessen gehen alle Player wieder zurück auf Los, um von dort aus erneut zum Sturm auf die Bastion der Bürokraten zu blasen. Dabei – wieder einmal – ganz vorn: die Raumfahrt-KMU. In einem Offenen Schreiben an alle raumfahrtrelevanten MdB ihrer Wahlkreise und überdies an die betroffenen Spitzenpolitiker in Bund und Bayern erinnern sie an die Versprechen von CDU, CSU und SPD vor wie auch nochmal nach der Wahl. Zur Untermauerung der Aktualität ihres Einsatzes für sofortiges Handeln führen sie neben dem Nachholbedarf die veränderte geopolitische Situation an. Ihre Forderungen umfassen im Kern die Steigerung des seit Jahrzehnten als Steinbruch für alle möglichen anderweitigen Bedarfe missbrauchten nationalen Programms auf zunächst 500 Millionen Euro p.a., und als Zeichen der neuen strategischen Prioritäten auch die Verstärkung der ESA-Beiträge sukzessive auf 2 Mrd. Euro.

Die Aktion ist, wenn auch nicht so gemeint, auch gleichzeitig ein Test für die Bereitschaft der Abgeordneten des neuen Parlaments, sich mit dem Thema Raumfahrt auseinander- und für selbiges einzusetzen. Denn vor genau einem Jahr brachte die bundesweite KTR-Untersuchung diesbezüglichen Engagements die erschütternde Wahrheit ans Licht: 75% der MdB und damit 171 von 227 Mandatsträgern aus Wahlkreisen mit industriellem Raumfahrtbezug zeigten schlicht Null Interesse. Nun gut, dies mag als Momentaufnahme mitten im beginnenden Zerfallsprozess einer Regierung gesehen werden, die gleichzeitig die Signale Rot, Grün und Gelb sendete und damit als artfremde Ampel im täglichen Verkehr mehr zu verwirren als zu ordnen geeignet schien. Umso wichtiger für die Einschätzung der jetzigen Lage wird es sein, welchen Unterschied die neuen MdB nun in Beantwortung der laufenden Briefkampagne der Raumfahrt-KMU zu machen bereit sind.

KTR wird dokumentieren und berichten.

Quellen:

Offener Brief der Raumfahrt-KMU an die Abgeordneten ihres Wahlkreises

https://klartext-raumfahrt.de/welche-raumfahrt-kmu-haben-in-berlin-eine-stimme/

https://www.msn.com/de-de/finanzen/top-stories/machtkampf-in-der-bundesregierung-ministerien-rangeln-um-kompetenzen/ar-AA1MmjXm

https://www.bundesregierung.de/resource/blob/992814/2345476/cdff731d8650c3ea9281853dedf46d2c/2025-05-06-organisationserlass-data.pdf

https://klartext-raumfahrt.de/raumfahrtbudget-2026-alles-banane-oder-was/

BDLI-Positionspapier zur ESA-Ministerratskonferenz 2025, Expertenversion