Weltraumroboter werden bislang meist missionsspezifisch entwickelt – ein kosten- und zeitintensiver Prozess, der durch fehlende Wiederverwendbarkeit auch zur Entstehung von Weltraumschrott beiträgt. Forschende des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) und der Universität Bremen haben daher ein modulares Baukastensystem entwickelt, mit dem sich robotische Systeme flexibel an unterschiedliche Einsatzszenarien anpassen lassen. Das System markiert einen Paradigmenwechsel in der Raumfahrtrobotik – hin zu effizienteren, robusteren und langlebigeren Technologien.
Ob bei der Erkundung fremder Planeten, dem Aufbau von Habitaten oder der Wartung von Satelliten – robotische Systeme übernehmen im All zunehmend zentrale Aufgaben. Doch viele bisher eingesetzte Roboter sind stark auf eine einzige Mission zugeschnitten. Ändern sich die Anforderungen, müssen oft komplett neue Systeme entwickelt werden – mit hohem Zeit-, Kosten- und Ressourcenaufwand.
Das Baukastensystem umfasst sämtliche erforderlichen Hardware- und Softwarekomponenten für den flexiblen Aufbau mobiler Roboter. Die Forschenden unterteilen diese in verschiedene Granularitätsebenen: Auf der untersten Ebene stehen Grundelemente wie Gelenke, Strukturelemente und Elektronikbausteine, die über standardisierte Schnittstellen miteinander verbunden werden können. Diese Basiseinheiten lassen sich zu Subsystemen kombinieren, die auf höheren Ebenen als modulare Funktionseinheiten in das Baukastensystem integriert sind.
Auf der höchsten Ebene entstehen daraus komplette Systeme – etwa durch die Verbindung stationärer oder mobiler Plattformen mit Sensoren, Nutzlastcontainern oder Manipulatoren. Eine übergreifende Softwarearchitektur erlaubt es, die Systembausteine dynamisch nach dem „Plug and Play“-Prinzip während der Laufzeit einzubinden. Die entwickelten Schnittstellen ermöglichen zudem den Einsatz von Lern- und Optimierungsverfahren, mit denen sich automatisch optimale Hardware- und Softwarekonfigurationen generieren und einzelne Module anpassen lassen.
Um die Leistungsfähigkeit der entwickelten Systematik zu demonstrieren, realisierten die Projektpartner ein komplexes Manipulationssystem auf Basis des robotischen Baukastens. Dafür kombinierten sie einen am DFKI entwickelten modularen Manipulator mit zwei handelsüblichen Komponenten: der mobilen Plattform HUNTER SE von AgileX Robotics und der multifunktionalen Schnittstelle iSSI® des iBOSS-Systems. In einer realitätsnahen Versuchsumgebung konnte anhand einer konkreten Manipulationsaufgabe gezeigt werden, wie flexibel sich externe Systeme in das Baukastensystem integrieren und einzelne Module schnell und bedarfsgerecht austauschen lassen.
Ein weiterer Schwerpunkt des Projekts lag auf der Qualifizierbarkeit der Komponenten: Mit dem DFKI-X2D-Gelenk entwickelten die Forschenden einen hochdynamischen Motor, der gezielt für den Weltraumeinsatz konzipiert wurde. Durch umfassende Qualifizierungstests konnte der Technology Readiness Level (TRL) 5 erreicht werden – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur praktischen Anwendung im All. Zur Integration und Erprobung der Baukastenelemente unter realistischen Bedingungen wurde zudem ein moderner, ISO-konformer Reinraum am DFKI Bremen eingerichtet, der die Weiterentwicklung hin zu noch höheren Technologiereifegraden unterstützt.
Das Projekt MODKOM wurde von der DLR-Raumfahrtagentur mit Mitteln des BMWE vom 1. Juli 2021 bis zum 30. Juni 2025 mit rund 3,2 Millionen Euro gefördert.
Quelle: https://www.dfki.de/web/news/modkom-projektabschluss