Spagat bei Terran Orbital
Der Satellitenbauer Terran Orbital weiß, wie sich Spagat anfühlt. Auf der einen Seite stehen stabile Aufträge des Anteilseigners Lockheed Martin und vor allem seitens Rivada Space Networks für die Konstellation „The OuterNet“ deren deutscher Tochter Rivada Space (München und Berlin) sowie ein Optimismus versprühender Produktionsstätten-Neubau mit rund drei Hektar opulenter Grundfläche; auf der anderen Seite belaufen sich die Schulden des Unternehmens auf rund 200 Millionen Dollar und sorgen u.a. dafür, dass auf dem letzten Quartalsbericht der Warnhinweis pappt, die flüssigen Restmittel von etwa 15 Millionen Dollar würden ohne frisches Kapital nicht ausreichen, die nächsten 12 Monate zu überstehen. Dieser schriftlichen Warnung widersprach dann aber auch gleich Terran-CEO Marc Bell mündlich auf einer Finanz-Veranstaltung, wobei er in gleichem Atemzug einräumte, dass die Vorfertigung der ersten 300 fest bestellten Satelliten für Rivada doch länger als erwartet dauert. Entsprechend kommuniziert Rivada den Start der Konstellation für 2025.
Was die konkreten Finanzzahlen betrifft, so verzeichnete Terran für das im Juni 2024 zu Ende gegangene Quartal einen Umsatz von 30,39 Millionen Dollar. Der Aktienkurs fiel um 8,54 Prozent auf nur noch 65 Cents pro Aktie. Dies ist auch insofern ein Problem, als die NASDAQ-Börse von börsennotierten Unternehmen verlangt, dass der Aktienkurs über 1 $ pro Aktie liegt.
Der Auftragsbestand von Terran belegt die klare Dominanzposition von Lockheed Martin – in den drei Monaten bis zum 30. Juni 2024 bzw. 2023 mit etwa 69 Prozent bzw. 84 Prozent des konsolidierten Umsatzes und etwa 15 Prozent bzw. 4 Prozent des konsolidierten Umsatzes auf Rivada Space Networks und in den sechs Monaten, die am 30. Juni 2024 bzw. 2023 endeten, mit etwa 71 Prozent bzw. 79 Prozent des konsolidierten Umsatzes und etwa 11 Prozent bzw. 2 Prozent des konsolidierten Umsatzes auf Rivada. Es gab keine anderen Einzelkunden, die in diesen Zeiträumen mehr als 10 Prozent des Umsatzes des Unternehmens ausmachten.
Terran verfügte allerdings zur Jahreshalbzeit noch über verbleibende Leistungsverpflichtungen in Höhe von etwa 312,7 Millionen US-Dollar, die in den kommenden eineinhalb bis zweieinhalb Jahren als Umsätze verbucht werden können.
Die Verpflichtungen von Rivada belaufen sich auf 2,4 Mrd. $. Die im Rahmen der Rivada-Vereinbarung in den drei Monaten bis zum 30. Juni 2024 und 2023 verbuchten Umsätze beliefen sich auf 4,6 Mio. $ bzw. 1,2 Mio. $ und in den sechs Monaten bis zum 30. Juni 2024 bzw. 2023 auf 6,2 Mio. $ bzw. 1,2 Mio. $. Zum 30. Juni 2024 umfassten die verbleibenden Leistungsverpflichtungen des Unternehmens 1,6 Millionen $ im Zusammenhang mit dem Rivada-Abkommen, was die damit verbundene Vertragsverbindlichkeit darstellt. Aus Aktienverkäufen flossen bereits 2024 37 Millionen Dollar zu, bis zu 60 Millionen sind durch solche Maßnahmen gesamt möglich.
Reserven werden auch personell mobilisiert: neuer CFO ist Adarsh Parekh, neuer COO Peter Krauss, beide seit Mai 2024.
Ähnliches gilt im übrigen auch für Rivada: Neu sind hier John Guiney als Chief Operations Officer, Michael Abad-Santos als Leiter Sales for the U.S. und stellvertretender CCO, sowie Jeffrey Chandler als Director of Sales, U.S.
Lockheed Martin kauft Terran Orbital
Der Grund für die demonstrative Seelenruhe des Terran-Managements angesichts der unkomfortablen Lage des Unternehmens ist mittlerweile bekannt: Lockheed Martin, ohnehin schon bedeutender Investor und Kunde von Terran, kauft jetzt das Unternehmen zum Wert von 411 Millionen Euro mit 25 Dollar-Cent pro ausstehender Aktie, die noch nicht in Lockheeds Besitz ist, plus Übernahme der Unternehmensschulden. Bis Jahresende soll der Deal formell abgeschlossen sein. Von der Rivada-Konstellation war in diesem Zusammenhang keine Rede.
https://advanced-television.com/2024/08/15/lockheed-martin-to-buy-terran-orbital/