Space TechEU: EIB startet 500-Millionen-Euro-Initiative zur Förderung von Raumfahrt-KMU und Midcaps

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Die Europäische Investitionsbank (EIB) hebt mit dem Start von Space TechEU in den Orbit ab, mit einer Finanzierungsinitiative in Höhe von 500 Millionen Euro, die auf die europäische Raumfahrtindustrie – und hier besonders auf KMU und Midcaps – abzielt.

Das Programm wurde auf dem Ministerrat der ESA in Bremen vorgestellt und hat das Ziel, rund 1,4 Milliarden Euro an privaten Investitionen zu mobilisieren. Unterstützt werden sollen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Mid-Cap-Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Raumfahrt.

„Mit diesem neuen, speziell für den Raumfahrtsektor aufgelegten Finanzierungsprogramm statten wir Banken in der EU mit den Werkzeugen und dem Vertrauen aus, ihre Finanzierung für Raumfahrtunternehmen in Europa entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu erhöhen“, sagte EIB-Vizepräsident Robert de Groot. „Wir unterstützen den Aufbau einer starken, weltweit wettbewerbsfähigen europäischen Raumfahrtindustrie – einer Industrie, die mehr Autonomie sichert und zu unserem Wohlstand und unserer Sicherheit beiträgt.“

Die Ankündigung stellt ein bedeutendes öffentliches Bekenntnis zu einem Sektor dar, der oft durch lange Entwicklungszyklen, intransparente Bewertungen und einen eingeschränkten Zugang zu traditionellen Kreditmärkten ausgebremst wird.

Im Gespräch mit Orbital Paradigm: Die Auswirkungen für Startups

Um die Auswirkungen dieser Entwicklung genauer zu verstehen, sprach EU-Startups mit Francesco Cacciatore, Gründer und CEO von Orbital Paradigm, einem in Madrid ansässigen SpaceTech-Startup, das wiederverwendbare Raumkapseln für den Transport zwischen Erde und Orbit entwickelt. Das 2023 gegründete Unternehmen sammelte Anfang des Jahres 1,5 Millionen Euro ein, um seine Wiedereintrittssysteme weiterzuentwickeln, und zählt damit zu den aufstrebenden Akteuren im spanischen Upstream-Segment der Raumfahrt.

ESA-Expertise trifft auf EIB-Finanzinstrumente

Das neue Programm kombiniert die technische Expertise der ESA mit den Finanzinstrumenten der EIB, um Geschäftsbanken dabei zu helfen, die besonderen Risiken und Vermögenswerte von Raumfahrtvorhaben besser zu verstehen.

Damit soll eine langjährige Hürde im Sektor abgebaut werden: Finanzinstitute meiden Raumfahrtprojekte häufig wegen der hohen technologischen Komplexität und mangelnder interner Branchenkenntnis.

Für junge Startups wie Orbital Paradigm sind die direkten Vorteile von Space TechEU allerdings kurzfristig begrenzt.

Dennoch betont Cacciatore, dass die Auswirkungen auf das Investorenvertrauen potenziell bahnbrechend sind: „Ich denke, es ist ein gutes Zeichen, dass Kapital in fortgeschrittenen Phasen bereitgestellt wird, da dies denjenigen, die in frühen Phasen investieren, die Sicherheit gibt, dass Unternehmen später nicht ohne Finanzierungsmöglichkeiten dastehen. Im Allgemeinen weist die EIB selbst im Raumfahrtsektor sehr konservative Risikomuster auf, vor allem im Vergleich zu einem Early-Stage-Startup“, ergänzt er.

Gerade dieser Signal-Effekt könnte für Gründer, die sich den kapitalintensiven Realitäten der Hardware-Entwicklung im Upstream-Bereich stellen, entscheidend sein.

Orbital Paradigm, wie viele andere Unternehmen, ist derzeit noch nicht in der Lage, Risikokapital-Darlehen in Anspruch zu nehmen – die Umsätze sind noch zu gering. Dennoch sieht Cacciatore eine wichtige Rolle für Bankfinanzierungen:

„Wir widmen uns wiederverwendbaren Raumtransportsystemen und sind seit zwei Jahren am Markt. Von einem Umsatzniveau, das gesunde Venture-Debt rechtfertigen würde – selbst von der EIB – sind wir weit entfernt. Ich glaube, dass dieses Kapital für fortgeschrittenere Phasen verwendet werden sollte und dass die Existenz solcher Unterstützungsmaßnahmen vorteilhaft ist, weil sie Frühinvestoren die Möglichkeit aufzeigen, später auf substantiellere Mittel zum Wachstum zugreifen zu können.“

Praktische Anwendungsmöglichkeiten und Sicherheiten

In der Praxis sieht Cacciatore Einsatzmöglichkeiten für Bankfinanzierungen insbesondere dann, wenn Sicherheiten gestellt werden können – etwa bei der Anschaffung von schweren Fertigungsanlagen: „Wenn ich mir eine Bankfinanzierung für ein Unternehmen wie das unsere im frühen Stadium vorstellen müsste, wäre das für CAPEX im Zusammenhang mit schweren Geräten interessant, die man direkt als Sicherheit verpfänden könnte.

„Wenn die EIB Banken dazu ermutigt, solche Risiken einzugehen, könnten junge Unternehmen Zugang zu teurer Infrastruktur erhalten. Sollte es schiefgehen, hätte die Bank immerhin die Geräte selbst als Sicherheit – das wäre zwar nicht ideal, aber das ist nun einmal das Risiko.“

Strukturelle Herausforderungen der Branche

Trotz solcher Möglichkeiten bleiben strukturelle Herausforderungen bestehen. Cacciatore hebt mehrere Schmerzpunkte hervor, die branchenweit auftreten: von langen Entwicklungszyklen bis hin zur Nischenhaftigkeit der Asset-Bewertung.

„Das ist eine sehr komplexe Frage, die mit dem gesamten Markt zusammenhängt. Im Raumfahrtbereich, insbesondere im Upstream-Bereich mit Hardware, gibt es einige besondere Herausforderungen. Um ein Beispiel zu nennen: Um Ausrüstung zu bauen, die ins All fliegt, fallen neben den Baukosten auch Qualifizierungs- und Startkosten an.“

Und selbst wenn Regierungsaufträge winken, ist das Timing nicht immer im Sinne der Gründer: „Im institutionellen Markt richten sich Verträge nach dem Rhythmus der Institutionen und nach politischen Entscheidungen, die die dreijährigen Budgets der ESA bestimmen.“ Diese zyklische Unsicherheit erschwert es Startups zusätzlich, Wachstum zu planen oder Cashflows vorherzusagen.

Bewertungsproblematik und die Rolle der ESA

Ein weiteres, oft unterschätztes Hindernis ist die Unternehmensbewertung: „Bei der Bewertung eines Raumfahrtunternehmens ist es schwierig, bestimmte Vermögenswerte einzuschätzen, und es gibt nur sehr wenige Personen, die dazu überhaupt in der Lage sind – das erschwert den Zugang zu Kredit zusätzlich.“

Gerade hier könnte die ESA im Rahmen von Space TechEU entscheidend beitragen: Durch technische Due Diligence und Unterstützung für Banken bei der Bewertung strategischer Technologien kann die ESA als Brücke zwischen Unternehmern und Finanzinstituten dienen.

„Ich halte es für grundlegend, Unterstützung bei der Identifikation und Definition technischer Risiken, bei der Bereitstellung von Marktinformationen und für ein gewisses Vertrauenssiegel zu bieten. Im Allgemeinen hängt der Zugang zu Bankfinanzierungen vom Risikoprofil ab, und die Raumfahrtindustrie bleibt eine schwer verständliche Nische. Fehlendes Wissen erhöht das wahrgenommene Risiko“, so Cacciatore.

Europäisches SpaceTech im Aufschwung

Der Start von Space TechEU fällt in ein starkes Jahr für europäische SpaceTech-Unternehmen.

Allein 2025 gab es bemerkenswerte Fundings im Upstream-Bereich, dazu zählen: Reflex Aerospace (50 Millionen Euro), Infinite Orbits (40 Millionen Euro), UNIVITY (31 Millionen Euro), U-Space (24 Millionen Euro), Kreios Space (8 Millionen Euro) und Spaceflux (6,1 Millionen Euro).

Das entspricht rund 159 Millionen Euro an offengelegten Privatinvestitionen im europäischen Raumfahrtsektor im Jahr 2025 – die von der EIB neu zugesagte Summe nicht mitgerechnet.

Zählt man die 1,5 Millionen Euro von Orbital Paradigm hinzu, entsteht das Bild eines sich entwickelnden Ökosystems, das sich allmählich vom reinen F&E-Modell in Richtung kommerziell skalierbarer Geschäftsmodelle bewegt.

Dennoch bleibt die Kapitallücke zwischen frühen Eigenkapitalrunden und bankfähigen Wachstumsfinanzierungen groß – und genau hier will Space TechEU ansetzen.

Während Early-Stage-Startups heute kaum direkt Instrumente mit EIB-Unterstützung beantragen werden, können sich ihre künftigen Investoren darauf verlassen, dass es auf dem weiteren Wachstumspfad institutionelle Unterstützung gibt.

 

 

Quelle: https://www.eu-startups.com/2025/11/rocket-fuel-for-europes-spacetech-founder-reacts-to-eibs-new-e500-million-space-programme/?utm_id=01KBAW8VCF5K08HQAJATJX7X75&_kx=f8VpoS6Kgavonn7frtgot9iBunSJg6a1Z1WEM3U_GAui6H2GNIRpKUu5-3n6-UKE.WwU9Y9