Die Bestätigung der italienischen Regierung vor einigen Monaten, man sei in Verhandlungen mit Elon Musk über einen 1,5-Milliarden-Euro-Auftrag Italiens für Starlink, brachte zum Teil heftige Reaktionen aus nationalen Regierungen und seitens der EU hervor. Schließlich kam es zu einer kurzen Unterbrechung der Washingtoner Gespräche im Zuge eifrig kolportierter Gerüchte, Musk wolle seine Monopolstellung nutzen, um der Ukraine das wichtigste Kommunikationsmittel – nämlich Starlink – abzudrehen. Nachdem diese Nachricht sehr schnell im Ordner „EU/Enten“ abgeheftet werden konnte, kam es zu weiteren Gesprächen zwischen Italien und SpaceX – und auch schon zu wenigstens einem Ergebnis, namentlich, dass der italienische staatliche Bahnbetreiber Ferrovie dello Stato (FS) derzeit Starlink-Internet in seinen Hochgeschwindigkeitszügen testet. Das teilte der italienische Verkehrsminister Matteo Salvini kürzlich offiziell mit.
Wie groß wäre wohl die Aufregung gewesen, wenn Matthias Hauer, Abgeordneter des Deutschen Bundestages, diese kleine Anfrage ein paar Monate früher gestellt hätte: „Nutzen Bundesministerien (inklusive nachgeordneter Behörden) das System „Starlink“ des Unternehmens SpaceX, und falls ja, für welche Zwecke (bitte jeweils angeben, welche Stelle das System zu welchen Zwecken, in welchem Umfang und zu welchen Kosten nutzt)?“
Denn dann wäre angesichts der Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Johann Saathoff vom BM Inneres und Heimat sehr schnell klar geworden: ohne Starlink läuft in Deutschland nichts – jedenfalls nichts Wichtiges. Musks Satelliten steuern hierzulande die Schleusen für die Schifffahrt ebenso wie wichtige Backups für die Auslandsvertretungen des Außenministeriums, die teilweise der nationalen Sicherheit dienen.
Der Einsatz beim Inlandsgeheimdienst, dem Bundesamt für Verfassungsschutz, beim BKA, bei der Bundespolizei und bei der Behörde für Cyber-Sicherheit Zitis fällt unter die Geheimhaltung und ist als Verschlusssache eingestuft, heißt es. Deutlicher kann man eigentlich nicht sagen, dass Geheimdienste, Verfassungsschutz, BKA, Bundespolizei und die Behörde für Cybersicherheit Zitis ebenso am Datentropf der Starlinks hängen wie das BSI, konkret dessen Mobile Incident Response Team, das Starlink für Einsätze, bei denen kein Web verfügbar ist, braucht; darüber hinaus nutzt das BSI zehn Antennen im Zusammenhang mit dem Recht auf Internetversorgung zur messtechnischen Ermittlung der Verfügbarkeit.
Apropos Zahlen: Diese zehn Antennen kosten jeweils 99 Euro im Monat, das Wirtschaftsministerium gibt für Starlink 51.000 Euro in 2025 aus, und das Auswärtige Amt beziffert seine Abokosten auf 9.000 bis 16.000 Euro im Jahr. Da die Regierung in ihrer Antwort nur den Teil der sichtbaren Spitze des Eisberges benennen wollte, kann man davon ausgehen, dass diese bis rund 79.000 Euro ebenso nur die Spitze des Eisbergs darstellen. Bei Eisbergen sind das übrigens um die 5 Prozent, sodass ein sechsstelliges Engagement des deutschen Apparats gesamt in den Bereich hoher Wahrscheinlichkeit rückt – und so Deutschland mit Italien mindestens gleichzieht. Denn dort geht es um 150.000 Euro pro Jahr für zehn Jahre fest. Nur mit dem Unterschied, dass das in Deutschland schon praktizierte Realität ist, während Italien schon für´s Nachdenken darüber kritisiert wird.
Apropos Nachdenken: Sollten sich die Pläne des Bundes für eine eigene Konstellation der Bundeswehr weiter konkretisieren, könnte verschärftes Nachdenken zu völlig neuen Konstrukten führen – etwa zur Eröffnung eines Businesscase, bei dem die eigenen Regierungsorgane sich zu den besten Kunden des BMVg mausern und sich die ganze Übung in Sachen nationale Sicherheit und Souveränität durch entsprechende Einsparungen bei Starlink und IRIS2 refinanziert. Spätere Kunden aus anderen Ländern Europas nicht ausgeschlossen.
Quellen:
https://dserver.bundestag.de/btd/20/151/2015110.pdf
https://www.matthias-hauer.de/starlink/
https://www.pressetext.com/news/deutsche-ministerien-schwoeren-auf-starlink.html