Bericht und Kommentar
RocketLab USA, Inc. (Nasdaq: RKLB) gab jüngst die Vereinbarung über den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an der Mynaric AG („Mynaric“) vorbehaltlich behördlicher Genehmigungen bekannt. RocketLab erwartet, dass die Übernahme die Position des Unternehmens als Anbieter von Trägerraketen, Hersteller von Raumfahrzeugen und Lieferant von Satellitenkomponenten in großem Maßstab weiter stärken wird. RocketLab kann diese und andere zukünftige Akquisitionsmöglichkeiten mit Erlösen aus Aktienemissionen finanzieren. Das Geschäft hat weitreichende strategische Implikationen.
Laserkommunikation ist für die Betreiber von Satellitenkonstellationen zu einem Problem geworden, da Produkte nicht ohne weiteres in großen Mengen und zu einem erschwinglichen Preis erhältlich sind. Durch frühere Übernahmen hat RocketLab bewiesen, dass es in der Lage ist, Satellitensubsysteme und -komponenten, die bisher nur in kleinen Mengen und mit langen Vorlaufzeiten erhältlich waren, erschwinglich und in großem Maßstab verfügbar zu machen. RocketLab beabsichtigt, dasselbe mit den optischen Terminals von Mynaric zu tun, um eine wachsende Zahl von Kunden und großen Konstellationen zu bedienen.
Mit einem anfänglichen Kaufpreis von voraussichtlich etwa 75 Millionen US-Dollar, der nur einen Bruchteil der bisher in Mynaric investierten 300 Millionen US-Dollar ausmacht, würde RocketLab sein erstes europäisches Standbein in München mit einem Team von mehr als 300 Ingenieuren und Mitarbeitern gründen und damit zusätzliche europäische Wachstumsmöglichkeiten für alle Produkte und Dienstleistungen von RocketLab eröffnen.
Rocket Lab würde umfangreiche Produktionsanlagen, geistiges Eigentum, Produktinventar und Auftragsbestände im Zusammenhang mit optischen Satellit-zu-Satellit-Verbindungslösungen für Konstellationen der nächsten Generation erwerben und damit das bereits umfangreiche Portfolio von RocketLab an Satellitenkomponenten, Subsystemen und Software erweitern. Diese Übernahme würde RocketLabs Fähigkeit unterstützen, die Herstellung und das Management seiner eigenen zukünftigen hochwertigen Satellitenanwendungen vertikal zu integrieren.
Ein weiterer Grund für die geplante Übernahme ist, dass Mynaric bereits ein Unterauftragnehmer von RocketLab ist, der optische CONDOR Mk3-Kommunikationsterminals für den 515-Millionen-Dollar-Hauptvertrag des Unternehmens mit der Space Development Agency (SDA) zur Herstellung von 18 Satelliten für die Tranche-2-Transportschicht-Beta liefert. Mynaric ist auch Lieferant für andere SDA-Verträge, und Mynaric und RocketLab haben viele gemeinsame Kunden, darunter kommerzielle Betreiber von Konstellationen, Hauptauftragnehmer sowie Verteidigungs- und Zivilbehörden. RocketLab beabsichtigt, die Produktion zu skalieren und die bestehenden Fertigungskapazitäten von Mynaric effizienter zu gestalten, um die SDA und andere Möglichkeiten weiter zu unterstützen und diesen Kunden mehr Vertrauen und Sicherheit zu geben, dass ihre Terminals termingerecht und innerhalb des Budgets geliefert werden.
Sir Peter Beck, Gründer und CEO von RocketLab, sagte: „Wir haben unsere strategische Ausrichtung schon seit einigen Jahren sehr deutlich gemacht – RocketLab verfolgt jeden Teil der Wertschöpfungskette in der Raumfahrt. Wir starten unsere eigenen Raketen, wir bauen Satelliten in großen Konstellationen, und jetzt nähern wir uns dem letzten Schritt und dem wertvollsten Teil der Weltraumwirtschaft – dem Betrieb unserer eigenen Konstellationen zur Bereitstellung von Daten und Diensten aus dem Weltraum mit unserem neu angekündigten Flatellite-Raumfahrzeug. Mynaric hat den Weg für die Entwicklung der Lasertechnologie geebnet. Das Team und die Technologien von Mynaric werden unser Portfolio an Satellitenkomponenten in überzeugender Weise ergänzen, und wir freuen uns darauf, die Technologie in großem Maßstab für unsere Kunden verfügbar zu machen“.
Soweit die Nachricht.
Doch was kann das für die Praxis heißen?
Mit diesem großen Plan etabliert sich RocketLab auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette als gewichtiger Partner aller, die als Kunden von Raumfahrtdiensten und -produkten profitieren wollen. Die Extremorientierung am Prinzip der vertikalen Entwicklung und Produktion birgt die Gefahr, dass deutsche und europäische Unternehmen nicht nur dem Aufwuchs dieses Unternehmens durch weitere Produktionskapazitäten weitgehend passiv zuschauen werden, sondern insbesondere Komponentenlieferanten sich neuer Konkurrenz ausgesetzt sehen, die einen ganz großen Vorteil zusätzlich ihr eigen nennt: RocketLab kann sein Standbein in den USA wie in Europa gleichzeitig zum Spielbein machen und damit viel flexibler und geradezu elegant je nachdem, was gerade vorteilhafter ist, als deutsches, als europäisches und auch als amerikanisches Unternehmen auftreten und von allen drei Märkten inklusive deren Steuergeldern für Staatsprojekte gleichermaßen profitieren.
Das können deutsche und europäische Komponentenlieferer nicht. Im Gegenteil: je stärker sich RocketLab als globales „Amazon der Raumfahrt“ etabliert, desto größer die Gefahr, dass deutsche und europäische Unternehmen gegen RocketLab an Boden verlieren – in den USA sowieso, aber nun auch zuhause: So soll IRIS² bekanntermaßen der amerikanischen Starlink-Konstellation Paroli bieten. Dafür werfen die von der EU vertraglich verpflichteten europäischen Unternehmen wie Eutelsat Teile ihrer nächsten Konstellationsgeneration – hier: OneWeb – ins öffentlich-rechtlich subventionierte Projektfeld. Eine europäische Konstellation sollte IRIS² werden, gebaut von Europäern, bezahlt vom europäischen Steuerzahler. Bei der Bezahlung ist es so geblieben. Aber sonst? Airbus baut diese Satelliten und gab nun den Auftrag für den Bau von 200 Solarpaneelen der IRIS²-relevanten nächsten Sat-Generation an RocketLab bzw. RocketLabs am 13.12.2021 für 80 Mio. Dollar gekauftes Schnäppchen, die Firma SolAero in Albuquerque mit ihrer Fabrik für seriengefertigte Solargeneratoren. Und Europa guckt zu, nachdem seine Verwaltungsbeamten unter Leitung des ausgerechnet für KMU zuständigen „Kommissars der Konzerne“ dafür gesorgt hatten, dass europäische KMU beim Projekt am Ende der Nahrungskette stehen, statt hier mit eigenen Komponenten Europas Unabhängigkeit zu untermauern. Formal alles sauber kommerziell gelaufen, aber war es auch so gedacht, dass Iris2 aus – zumindest in Teilen – amerikanischen Satelliten besteht?
Und nun Mynaric: Dieses HighTech-Glanzstück deutschen Erfindungsgeistes, einst erfolgreich als Unternehmen hervorgegangen aus jahrelanger DLR-Spitzenforschung, wird nun ganz offen als technologisches Juwel einer künftigen RocketLab-Konstellation gehandelt. Diese Konstellation eifert Starlink nach und wird nicht nur dem Vorbild, sondern vor allem auch dem europäischen Projekt IRIS2 Konkurrenz machen. Konkurrenz, hinter der klare Strategien stecken – eines Elon Musk wie auch eines Sir Peter Beck – und auf jeden Fall eine Entwicklung mit deutlicher Ansage. Man darf gespannt sein, wie sich die Neuanschaffung Mynaric in diesem strategischen Umfeld für RocketLab machen wird. Europa wird jedenfalls bestimmt wieder diensteifrig –
zuschauen.
Quellen: https://news.flyjets.com/article/rocket-lab-awarded-airbus-contract-to-power-eutelsat-next-gen-oneweb-constellation/https://www.satnow.com/news/details/2994-airbus-awards-rocket-lab-contract-to-power-oneweb-constellation-for-eutelsathttps://www.morningstar.com/news/business-wire/20250312232972/airbus-awards-rocket-lab-contract-to-power-next-gen-oneweb-constellation-for-eutelsathttps://www.spacedaily.com/reports/Airbus_Selects_Rocket_Lab_to_Supply_Solar_Panels_for_Next_Gen_OneWeb_Satellites_999.htmlhttps://www.aeromagasia.com/2025/03/14/airbus-selects-rocket-lab-for-oneweb-leo-satellite-solar-panels/https://www.rocketlabusa.com/updates/rocket-lab-announces-intention-to-acquire-mynaric-leading-laser-communications-provider-in-latest-strategic-step-toward-becoming-an-end-to-end-space-company/