… aus dem Ruder
„IRIS2 in trouble already?“ titelte nach Ablauf des Termins für die Abgabe des „Best and Final Offer“ des SpaceRise-Konsortiums das US-amerikanische Fachblatt „Advanced Television“. Es stellt diese Frage vor vielschichtigem Hintergrund:
- So habe Kommissar Breton vorgesehen, am 16. Februar ´24 ein Angebot in Höhe von 8,5 Milliarden Kosten für die Leistungen des Konsortiums entgegen nehmen zu lassen, um dieses dann am 31. März (Ostersonntag) zu unterzeichnen.
- Allerdings weiche die Position des Konsortiums mit 11,5 Milliarden derzeit um drei Milliarden und damit um gute 35 Prozent von der Ziellinie ab, dadurch entstand eine Verzögerung im Betriebsablauf bei der Abgabe des BFO um einige Tage.
- Aufgrund der verspäteten Ankunft des Angebotes bei der EU verzögert sich nun derzeit die Freigabe des nächsten Streckenabschnittes durch das Beurteilungsgremium von ESA und EU – so die offizielle Begründung.
In der Wirklichkeit, und zwar in jener, die hinter den Kulissen wirkt,
- gebe es mittlerweile im bisher forsch voranmarschierten Frankreich Zweifel, ob das Projekt für einen effektiven Wettbewerb gegen Starlink das Feld in der richtigen Schuhgröße betrete – sprich: ob Frankreich hier nicht etwa mal eben 300 Millionen an der falschen Ecke pulverisiert (und zudem noch sein nationales Konkurrenzprojekt Syracuse unsinnig opfert),
- schieße EUTELSAT mit seinem konsortialinternen Gegenangebot von 1,8 Milliarden für ein IRIS²-Update der OneWeb Gen2 Sats quer, während das Unternehmen gleichzeitig Mitglied eben dieses Konsortiums bleibt (und damit genauso zweigleisig fährt wie SES, das nebenbei auch mit UNIO Konstellationspläne schmiedet),
- zeige man sich von der Wucht irritiert, mit der die deutsche Seite nun gegen die Nichtberücksichtigung deutscher Unternehmen abgesehen von nur einer Ausnahme protestiert; die Wortwahl gegen das „frankozentrische Monopolkonsortium“ des französischen Kommissars lässt dabei keinen Raum mehr für diplomatische Umdeutungen: Point of no return überschritten.
Am Ende kann man die unglaubliche Weitläufigkeit dieses Chaos´ nicht besser treffen, als es mit den weisen Radio-Worten von Steffi, der berühmtesten Bistro-Inhaberin Norddeutschlands zu sagen, welche immer und überall auf alles zutreffen:
Es ist ja so wie`s ist.
Aber vorher ist es vielleicht doch hilfreich, zumindest für´s Protokoll mal die Krawallpunkte als Fragen einzeln zu listen:
- Breton sprich angeblich jetzt von 8,5 Milliarden Kosten. Bisher war immer nur die Rede von sechs. So steht es übrigens auch im Gesetz – aber gut, das ist in EU-Dimensionen gedacht vermutlich doch zu kleinkariert, dann müsste sie ja tatsächlich die Gewohnheit entwickelt haben, sich an solche zu halten, selbst wenn es die eigenen sind; dem widerspricht die Praxis – zum Beispiel bei IRIS2 – von Anfang an. Woher kommen diese 8,5 Milliarden nun?
- Das Konzern-Monopolkonsortium will jetzt angeblich 11,5 Milliarden, dabei stammt die sechs Milliarden Kostenschätzung von diesem selbst als Autor der projektdeteminierenden Ursprungsstudie. Woher der Sinneswandel – oder ist es gar keiner – wenn so, was steckt denn dann dahinter?
- EUTELSAT gibt den Gebrauchtwagenhändler und bietet seine zweite Generation OneWeb-Satelliten mit frischem Update für 1,8 Milliarden wie neu für IRIS2; das wiederum würde dem Rest der Truppe den Boden für´s Konsortialangebot unter den Füßen wegziehen. Ein Standbein für EUTELSAT, mit dem es selbst garantiert immer im Boot bleibt?
Unser Fazit:
Ohne weitere Belegführung hat diese Kritik aus dem Ausland keine Grundlage. Da aber auch IRIS² dank dissenzbedingtem Ausbleiben zeichnungswürdigen Angebots keine Grundlage hat, läuft paradoxerweise das Projekt planmäßig.
Planmäßig aus dem Ruder.
Quelle:
https://advanced-television.com/2024/02/19/iris2-in-trouble-already/
Vorherige Artikel zu IRIS²:
IRIS2 – Ein Quantum Trost oder das Trauma in Quanten?
IRIS2: Antrag zum Valentinstag
IRIS2: Aktion „KTR führt Buch“ – Einbeziehung der deutschen Startups und KMU
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